Ebru Keskin (Pressebild)
Ein persönlicher Bericht als Ausgangspunkt
Die deutsch-türkische Sängerin Ebru Keskin hat mit ihrem Interview im November 2024 in den türkischen Medien nicht nur ihre eigene Geschichte erzählt, sondern auch ein Schlaglicht auf die Machtstrukturen der Musikindustrie geworfen. Sie schilderte, wie sie in den USA beinahe in die „Falle“ von P. Diddy geraten wäre – einem der mächtigsten Musikmogule der letzten Jahrzehnte, der inzwischen wegen zahlreicher Vorwürfe sexueller Gewalt inhaftiert ist. Keskin war über zehn Jahre in den USA aktiv, arbeitete mit Produzenten und Künstlern in Atlanta und Los Angeles und erlebte hautnah, wie wirtschaftliche Interessen und persönliche Karrieren miteinander verflochten sind. Das Urban Music Portal rap2soul berichtete diese Woche erstmals in Deutsch.
Bad Boy Records als Machtfaktor
P. Diddy gründete Bad Boy Records 1993 und baute es zu einem der einflussreichsten Labels der Welt aus. Mit Künstlern wie The Notorious B.I.G., Faith Evans, Mase und Cassie wurden Millionen Tonträger verkauft. Das Label war jedoch nur ein Teil eines größeren Imperiums: Unter dem Dach von Bad Boy Entertainment bündelte Combs Musikproduktion, Künstlermanagement, Mode (Sean John), Gastronomie und TV-Produktionen.
Besonders die Formate wie „Making the Band“ auf MTV machten deutlich, wie geschickt Combs Medien und Musik verband, um Reichweite und Markenbindung zu maximieren. Bad Boy Records war damit nicht nur ein kultureller, sondern auch ein wirtschaftlicher Machtfaktor, der zeitweise Umsätze im dreistelligen Millionenbereich generierte.
Die Musikindustrie damals und heute
Vor 20 Jahren dominierten die Major Labels (Universal, Sony, Warner) den Markt. Sie kontrollierten Vertrieb, Promotion und Zugang zu Radio und TV. Wer nicht bei einem großen Label unter Vertrag stand, hatte kaum Chancen auf internationale Sichtbarkeit.
Heute hat sich das Machtgefüge verschoben: Streaming-Plattformen wie Spotify, Apple Music, YouTube und TikTok sind die neuen Gatekeeper. Künstler können theoretisch unabhängig veröffentlichen, praktisch aber entscheiden Algorithmen, Playlists und virale Trends über Erfolg oder Misserfolg. Die Majors haben sich angepasst und investieren in Katalogrechte, Datenanalyse und Plattform-Deals, um ihre Marktstellung zu sichern.
Die Musikindustrie ist damit von einem Label-zentrierten Modell zu einer Plattform-Ökonomie geworden. Die Kontrolle ist fragmentierter, die Eintrittsbarrieren niedriger – doch die Abhängigkeit von wenigen globalen Playern bleibt bestehen.
Wirtschaftliche Perspektive
Für ein Wirtschaftsmagazin wie NewsMark.de zeigt sich: Musik ist längst nicht mehr nur Kunst, sondern ein multimodales Geschäftsmodell. Labels und Künstler sind Marken, die über Musik hinaus in Mode, Lifestyle und Medien expandieren. P. Diddy war ein Vorreiter dieser Entwicklung – sein Imperium verband Kultur und Konsum auf eine Weise, die bis heute prägend ist.
Im Streaming-Zeitalter verschiebt sich der Fokus auf Reichweite, Daten und Fanbindung. Die Wertschöpfung liegt weniger im Verkauf von Tonträgern, sondern in der Monetarisierung von Aufmerksamkeit. Damit bleibt die Musikindustrie ein zentraler Wirtschaftsfaktor – nur mit anderen Mechanismen als vor 20 Jahren.
Epilog: Ebru Keskin heute
Nach ihrem Ausflug in die US-Szene und ihrer Zeit in Atlanta zog Ebru Keskin nach Istanbul, wo sie zahlreiche Songs veröffentlichte und sich eine große Fan-Gemeinde aufbaute. Sie gibt dort mehrere Konzerte pro Woche und ist fest in der türkischen Musikszene etabliert. Im Jahr 2025 trat sie zudem erstmals wieder in Deutschland auf – in München – und knüpfte damit an ihre internationale Karriere an.